Heute morgen – Sonntag, keine Verpflichtung voraus – saß ich ein wenig melancholisch am Frühstückstisch, und eine Reportage des Zeit-Magazins traf meine Stimmung: »Mutterland« (No. 15/2022). Darin geht es um das besondere Verhältnis der Autorin zu Beirut und zum Libanon, dem Land, das ihre Mutter 1975 wegen des Bürgerkriegs verlassen musste. Der Artikel schließt mit einem Abschied am Beiruter Flughafen, dazu die Worte:
Darüber musste ich nachdenken, wusste aber unmittebar, dass ich genau dieses Heimat-Gefühl nicht habe. Sicherlich habe ich eine Herkunft, aber zugleich kaum Erinnerung an ein Früher vor dem Beginn des Erwachsenwerdens. Warum? – Auch dafür bietet mir Beermanns Text eine Erklärung an: Ihre Mutter erinnere sich kaum an die Zeit des Weggangs, des Heimatverlusts.
Tja. Meine Heimat ist also eine andere geworden als Mutter- oder Vaterland. Sie ist nicht früher, sie ist nicht Friesland.
Was aber ist meine Heimat? (Ich bin natürlich auf Vermutungen angewiesen, ob was ich empfinde, zumindest strukturell den Tatbestand »Heimatgefühl« anderer erfüllt: Was man nicht selbst hat, kann man nicht analysieren.)
Musik: dieses emotionale Umfangen-Sein mitten in einem Pink-Floyd-Album, in Miles Davis‘ Kind of Blue, in ach so viel Stilarten von Rock. Natur: das Meer, ein Bad in gleich welchem kaltem Freiwasser, Wind und Regen im Gesicht, Wandern, Rad fahren und Camping. Familie: die Frau, die ich geheiratet habe (auch wenn wir nicht mehr zusammenleben), mein Sohn.
Gut zu wissen: Ich bin also mitnichten heimatlos.