Wer schon einmal bei einer niedergelassenen Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten angerufen hat, um einen Termin zu bekommen, kennt das Folgende: Seufzen, Fluchen, verzweifeltes Raunen unter Betroffenen über Wartezeiten von mehreren Monaten – nach oben offen –, ja, die fassungslose Klage über geschlossene Wartelisten.
Ich habe das Glück, dass ich einen Therapeuten gefunden habe, mit dem ich bereits über eine abrechnungsbefugte Institution gut zusammengearbeitet habe – und der einen kleineren Teil seiner Woche in eigener Praxis arbeitet. Er hat mir eine Weiterversorgung dort angeboten, ich habe erleichtert angenommen, da er mich bereits kennt und ich ihn schätze. Außerdem ist seine Praxis von meinem Wohnort einigermaßen erreichbar, sogar mit dem Rad.
Alles in Butter aufʼm Kutter, sollte man meinen. Nicht ganz: Aufgrund von Zulassungsbeschränkungen hat mein Wunschtherapeut (noch) keine Kassenzulassung zur Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Er selbst ist Optimist: »Sprechen sie ihre Kasse auf das K.sverfahren an«, gab er mir bei unserem letzten Gespräch mit auf den Weg.
Meine Krankenkasse, die Techniker, sieht das leider weniger entspannt. Mein dahingehender Anruf erhält die Auskunft, die K. könne man nicht zusagen. Zuerst müsse ich mich an die Terminservicestelle wenden. Wenn diese mir nicht innerhalb der maximalen gesetzlichen Wartezeit von vier Wochen einen Ersttermin innerhalb des gesetzlich zulässigen Radius von 30 Minuten Fahrtzeit mit dem öffentlichen Nahverkehr vermitteln kann – ja, dann müsse ich die beinahe sprichwörtliche Therapeutenliste abtelefonieren.
Das alles ist formlos zu dokumentieren, um die erfolglose Suche dann in einem individuellen (d. h. mit ungewisser Erfolgsaussicht versehenen) Antrag auf K. der Kasse vorzulegen. Und, übrigens, mein Wunschverfahren (die Schematherapie) könne man leider nicht berücksichtigen. Obwohl das eine Weiterentwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie ist und gut dokumentierte Behandlungserfolge vorzuweisen hat – zur Abrechnung mit den GKV ist das Verfahren bisher nicht anerkannt.
Ist es da noch verwunderlich, dass die Therapeutensuche zermürbt und währenddessen das Gefühl, Hilfe zu bekommen, akut gefährdet ist? Ich gestehe, dass mich dieser Umgang mit meinem Behandlungsbedarf traurig und wütend macht.
Nachtrag:
Die K. ist im SGB V als Maßnahme bei Systemversagen geregelt (vgl. Wikipedia). Sollte also das versagende System – siehe Wartezeiten – nicht froh sein, wenn ich es entlaste, indem ich eine Lösung gefunden habe? Stattdessen verfestigt sich der Eindruck, dass das Patientenwohl nicht im Mittelpunkt des Systems steht.