Covid-19

Das Leben in Zeiten der Corona-Pandemie ist für Erkrankte und ihre Angehörigen fürchterlich, hält aber bekanntlich auch für alle anderen gewisse Eigentümlichkeiten bereit.

Menschen, die unter sozialen Ängsten leiden, fühlten sich zumindest anfangs der Kontaktbeschränkungen bisweilen erleichtert – Vermeidung ist das neue Normal, eine Mund-Nasen-Bedeckung kann sich nach Schutz anfühlen. Vielen anderen hingegen, die auf ein funktionierendes soziales Netz jenseits »sozialer« Medien angewiesen sind, um sich zu regulieren (festes Treffen mit der besten Freundin, Training im Sportverein, um nur zwei Beispiele zu nennen), ging es bedeutetend schlechter. Allein der Ausfall nicht angeleiteter Selbsthilfegruppen schon im ersten »Lockdown« war für viele belastend, Aufenthalts- und Kontaktmöglichkeiten wie Tagesaufenthalte, soziale Cafés und mehr fehlten Betroffenen von psychischen Erkrankungen stark.

Nicht Angst vor Ansteckung, sondern der Wegfall von Netz und Routine belasten Menschen mit Depressionen stärker als andere Bürger.

Dabei frappiert mich eine Parallele: Alle Menschen müssen auf lieb gewonnene Routinen verzichten und fühlen sich dadurch teils enorm in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt – das geht »den ganz normalen Menschen wie Du und ich« ebenso wie Menschen mit psychischen Erkrankungen. Keine Urlaubsreise, keine Café-Verabredung nach Feierabend, kein Saunanachmittag, kein Kinobesuch … Mir fällt auf, wie sehr das einen großen Teil der Menschen an den Rand der Belastbarkeit bringt. »Shopping« scheint so wichtig für das seelische Gleichgewicht unserer Breiten zu sein, dass – berechtigt verzweifelte – Einzelhändler mit Modeauswahl zum Mitnehmen durch die Eingangstür auf offene Arme treffen und Online-Handel boomt.

In meinen Augen zeigt dies vor allem eins, wie fragil unser menschliches Leben von den Kontexten und Beziehungen abhängt, in denen wir uns bewegen – ob wir uns nun bewusst mit einer psychischen Erkrankung auseinandersetzen oder nicht. Vielleicht kann die Erfahrung dieser Pandemie und der sozialen Einschränkung in der Rückschau einmal dafür gut gewesen sein: Dass wir besser zu sehen lernen, wie psychische Erkrankung auch nur in Graden von der sogenannten Normalität abweicht.

Bild von Daniel Roberts auf Pixabay